Kompostierbare und biologisch abbaubare Verpackungen: Ein Überblick (2022)

Kompostierbare und biologisch abbaubare Verpackungen: Ein Überblick (2022)

Begriffe wie ökologisch, nachhaltig und biologisch abbaubar lassen unser grünes Herz höher schlagen. Oft folgt die Enttäuschung jedoch auf den Fuß. Denn häufig versprechen solche Begriffe mehr als sie halten. Wie sieht das bei kompostierbaren und biologisch abbaubaren Verpackungen aus?


In diesem Beitrag erfährst du: 

  • Worin sich biologisch abbaubare und kompostierbare Verpackungen unterscheiden
  • Welche Verpackungsmaterialien kompostierbar sind
  • Wo (und wie) man kompostierbare Verpackungen entsorgt
  • Welche der beiden Verpackungsarten nachhaltiger ist

Die Auswirkungen der sich immer höher auftürmenden Müllberge sind verheerend. Vor allem für unsere Meere. Müll (und hierbei in erster Linie Plastikmüll) findet sich inzwischen überall. Von unserem Lieblingsbadeplatz über Bergspitzen bis hin zum tiefsten Punkt der Erde.  

Eine hervorragende Möglichkeit das Müllaufkommen zu verringern, bietet das Einsparen von Verpackungsmaterial. Im Jahr 2018 betrug das Abfallaufkommen in Deutschland 417,2 Millionen Tonnen. Davon entfielen 4,53%, also 18,9 Millionen Tonnen auf Verpackungsabfälle.  

Deshalb wollen wir uns kompostierbare und biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien etwas genauer anschauen, um herauszufinden, ob diese das Potential für eine grünere Verpackungswirtschaft besitzen. Dabei beginnen wir mit einer grundsätzlichen Unterscheidung:

Ist biologisch abbaubar gleich kompostierbar?  

Nein. Obwohl die beiden Begriffe in eine ähnliche Richtung gehen, bedeuten sie nicht dasselbe. Es sind zwar alle kompostierbaren Materialien biologisch abbaubar, jedoch nicht alle biologisch abbaubaren kompostierbar.

Was bedeutet biologisch abbaubar? 

Wenn Produkte biologisch abbaubar sind, heißt das, dass sie in natürliche Elemente zerfallen, die als Endprodukt zurückbleiben. Dieser Prozess kann jedoch erstens einige (bis viele) Jahre in Anspruch nehmen. Und zweitens gelten als natürliche Elemente beispielsweise auch Metallstücke.

“Die biologische Abbaubarkeit umfasst die Eigenschaft eines Stoffes, durch Mikroorganismen in Anwesenheit von Luftsauerstoff zu Kohlendioxid, Wasser, Biomasse und Mineralien sowie unter Luftabschluss zu Kohlendioxid, Methan, Biomasse und Mineralien zersetzt zu werden, wobei kein Zeitraum definiert ist.“

Definition des deutschen Instituts für Normung (DIN 16208)

Kompostierbare Produkte hingegen hinterlassen ein einziges Abbauprodukt: Kompost(erde). Bei dieser handelt es sich um ein humusreiches Rotteprodukt aus rein organischen Materialien. Je nachdem in welchem Rahmen die Kompostierung stattfindet (industriell oder ganz natürlich), kann es drei bis zwölf Monate dauern.

Eine Hand voll Komposterde mit Regenwürmern darin.
Eine Hand voll Komposterde mit Regenwürmern darin.

Das ist also ein erheblicher Unterschied. Viele Stoffe, die als biologisch abbaubar gekennzeichnet sind, werden daher von Kompostieranlagen nicht akzeptiert. Das kann sein, weil sie zu lange brauchen, um sich zu zersetzen – und / oder sich erst gar nicht vollständig abbauen. Dadurch würde der Kompostierzyklus unterbrochen, was sie für diesen wiederum unbrauchbar macht. 

Um in diesem Bereich etwas mehr Klarheit zu schaffen, wurde die europäische Norm EN 13432 geschaffen (in Deutschland DIN 13432). Diese legt die Kriterien dafür fest, welche Verpackungen als kompostierbar bezeichnet werden dürfen. Und welche lediglich als biologisch abbaubar.

Was besagt die EN 13432?

Ziel der Norm EN 13432 war es in einem ersten Schritt die Merkmale kompostierbarer Verpackungen festzulegen. Sowie in einem zweiten die Prüfverfahren, um festzustellen, ob ein bestimmtes Verpackungsmaterial die festgelegten Anforderungen erfüllen.

Welche Verpackungen sind biologisch abbaubar?

So gut wie alle. Der Begriff biologisch abbaubar bezieht sich nur darauf, dass ein Produkt durch biologische Prozesse in seine natürlichen Bestandteile zerlegt werden kann. Dabei ist so gut wie jedes Material biologisch abbaubar – sogar die meisten Kunststoffe – solange man ihm nur genug Zeit gibt

Um sich zu zersetzen, benötigen

  • Zeitungspapier 1 – 3 Jahre,
  • Orangenschalen 2 – 3 Jahre,
  • Alufolie 200 – 400 Jahre, 
  • Plastikflaschen bis zu 5000 Jahre.

Eine Aludose oder Shampooflasche wird jedoch in den seltensten Fälle als biologisch abbaubar gelten. Damit Verpackungsmaterialien als biologisch abbaubar eingestuft werden, müssen sie sich innerhalb einer mehr oder weniger kurzen Zeitspanne nach der Entsorgung vollständig zersetzen und in ihre natürlichen Bestandteile zerfallen.

Hier liegt auch das Problem: Die Definition von biologisch abbaubar ist recht schwammig. Genaue Zeitangaben fehlen bei Testverfahren genauso wie bei der bereits genannten Definition laut DIN.

Dadurch wird der Begriff “biologisch abbaubare Verpackung” von der Industrie gerne verkaufsfördernd genutzt und Verpackungen als besonders ökologisch verkauft, die es im Endeffekt so sehr nicht sind. Ist das schon Greenwashing?

Plastikflasche auf Waldboden

Was sind kompostierbare Verpackungen? (Definition) 

Im Gegensatz zu biologisch abbaubar ist die Definition von kompostierbarer Verpackung (EN 13432) schon etwas klarer: Eine solche ist in der Lage sich vollständig zu zersetzen, wertvolle Nährstoffe abzugeben und somit Pflanzenwachstum zu ermöglichen. Dabei müssen innerhalb von 90 Tagen 90 % des Ausgangsmaterial vollständig abgebaut sein.

Die 3 Merkmale kompostierbarer Verpackungsmaterialien sind:

  1. Biologische Abbaubarkeit: Das Material kann leicht in Kohlendioxid umgewandelt werden.
  2. Zersetzbarkeit: Verpackungsmaterial wird so weit zersetzt, dass das Endprodukt nicht sichtbar verschmutzt ist.
  3. Keine negativen Auswirkungen auf den Kompost: Der entstandene Kompost ist nicht schädlich für Pflanzen und deren Wachstum und kann bedenkenlos eingesetzt werden.

Wann ist eine Verpackung kompostierbar? 

Um sicherzustellen, dass ein Verpackungsmaterial diese 3 Merkmale besitzt, muss es einen 5-stufigen Test durchlaufen. Dieser besteht aus den folgenden Schritten:

  1. Chemische Analyse: Liegt der Gehalt an Schwermetallen innerhalb der festgelegten Grenzwerte?
  2. Analyse des biologischen Abbaus: Kann 90 % des Ausgangsmaterials innerhalb von 3 Monaten in Kohlendioxid umgewandelt werden?
  3. Siebtest: Sind nach 3 Monaten nur mehr 10 % der Bestandteile größer als 2 mm?
  4. Praktische Prüfung der Kompostierbarkeit: Erfolgen keine negativen Auswirkungen auf den Kompostierprozess?
  5. Ökotoxizitätsanalyse: Ist das Pflanzenwachstum beeinträchtigt bei Verwendung des Komposts?

Übrigens…

Nur in dem Fall, dass ein Material alle 5 Schritte positiv abschließt, wird es anschließend als kompostierbar eingestuft. Als Kennzeichnung dienen verschiedene Label, wie in Deutschland das Prüfzeichen „DIN-Geprüft industriell kompostierbar“ und das Kompostierbarkeitszeichen „Keimling“.

Welche Verpackungsmaterialien sind kompostierbar?

Es existieren inzwischen verschiedenste Materialien, aus welchen sich kompostierbare Verpackungen herstellen lassen. Die wichtigsten davon sind:

  • Stärke (z. B. Maisstärke): Aus dieser werden beispielsweise Biofolien – wie Maisstärkefolie – produziert. 
  • Cellulosehydrat (Zellglas / Cellophan): Folie aus Cellulose, welche wiederum aus Holz (Holzpulpe) gewonnen wird. 
  • Papier aus alternativen Faserquellen: Hierunter fallen Apfel-, Kakao-  oder auch Graspapier
  • Bagasse: Ist das trockene, breiige und mit Fasern durchsetzte Material, das nach dem Zerkleinern von Zuckerrohr- oder Sorghumstängeln zur Saftgewinnung zurückbleibt. 
  • Weizenstroh: Ist ein faserhaltiges Nebenprodukt der Weizenproduktion, welches üblicherweise verbrannt wird. 
  • Faserpflanzen: Wie Hanf, Sisal, Jute oder Palmfasern. Besitzen vielfältige Einsatzmöglichkeiten wie Seile, Teppiche, Möbel, Taschen oder auch Thermoverpackungen
  • Biobasierte Kunststoffe: Werden ganz oder teilweise aus biologischen statt aus fossilen Rohstoffen hergestellt. Nicht alle von diesen sind kompostierbar, jedoch durchwegs biologisch abbaubar.

Für den Kompostierungsprozess müssen sich diese Materialien allerdings in der richtigen Umgebung mit den passenden Bedingungen befinden.  

Unterschieden werden dabei Materialien, welche sich in der heimischen Komposttonne abbauen lassen. Sowie solche, welche dazu eine industriellen Kompostieranlage benötigen. Das liegt daran, dass diese hohen Temperaturen (55 – 60 Grad Celsius) ausgesetzt sein müssen, um sich zu zersetzen.  

Übrigens…

Damit Verpackungen aus den hier aufgezählten Materialien kompostiert werden können, müssen diese unbeschichtet, unbehandelt, unbedruckt sowie sortenrein (ohne Verbundstoffe) vorliegen. Druckertinte, Klebebandreste oder auch Metallteile wie Klammern machen sie für die Kompostierung ungeeignet. Ausnahme stellen wasserbasierte Farben und Druckertinte dar, welche durch die Siegel “OK Compost Industrial“ oder „OK Compost Home“ erkennbar sind.

Wie entsorgt man kompostierbare Verpackungen? 

Es sollten nicht alle Materialien auf dem heimischen Komposthaufen entsorgt werden – falls du einen solchen besitzt. Um ganz sicher zu gehen, dass ein Abfallprodukt auch dafür geeignet ist, achte auf das Siegel der Norm für Gartenkompostierbarkeit: AS 5810.

Bild einer Kuehltasche von Ecoon

Die andere häufigste Möglichkeit kompostierbare Verpackungen zu entsorgen wäre über die Biotonne. Dadurch gelangen sie in eine industrielle Kompostieranlage. Dort werden sie mit der richtigen Mischung aus Wärme, Mikroben und Zeit zersetzt. Wichtig ist dabei, dass es sich um eine aerobe Anlage handelt. Solche sind allerdings nicht im ganzen Bundesgebiet verfügbar. 

Außerdem kann es bei der Entsorgung von kompostierbaren Verpackungen über den Biomüll dazu kommen, dass diese in der Verwertungsanlage aussortiert werden. Die Sortieranlagen können nicht immer eindeutig zwischen einer herkömmlichen Plastikfolie und einer aus Maisstärke oder Cellulose unterscheiden. Und sortieren sie deshalb als Störstoffe aus.

Welche Verpackungsart ist umweltfreundlicher: Biologisch abbaubar oder kompostierbar? 

Stellen wir hier ausschließlich biologisch abbaubare Verpackungen den kompostierbaren gegenüber, dann dürfte die Wahl auf Zweitere fallen.  

Hinsichtlich der Nachhaltigkeit trägt Kompost eher zu einer Kreislaufwirtschaft bei als der reine Zerfall in natürliche Elemente. Vor allem, falls dieser wieder für den Anbau der biologischen Ausgangsmaterialien verwendet wird. Vor allem Produkte aus natürlichen Abfallprodukten (wie Bagasse oder Weizenstroh) weisen eine hervorragende Umweltbilanz auf.  

Rein biologisch abbaubare Kunststoffe benötigen hingegen teilweise Jahre, um abgebaut zu werden. In dieser Zeit belasten Sie die Umwelt – vor allem, falls Sie ins Meer gelangen – nicht weniger als herkömmliche Plastikprodukte. Nachhaltigere Verpackungen sind demzufolge sicherlich die kompostierbaren und nicht die rein biologisch abbaubaren.

Fazit – Kompostierbare Verpackungen und Verpackungsmaterialien

Kompostierbare Verpackungen sind nachhaltig und umweltfreundlich. Und das ein gutes Stück mehr als rein biologisch abbaubare Materialien. 

Wichtig ist allerdings deren richtige Verwertung. Entweder Zuhause auf dem Kompost. Oder aber über eine gewerbliche Kompostieranlage. Für eine solche müssen die Verpackungsmaterialien zuerst einmal getrennt gesammelt und in weiterer Folge geeignet sein. Sprich vor allem als kompostierbar erkennbar sein. 

Noch sinnvoller als auf besonders nachhaltige Verpackungsmaterialien zu achten, ist jedoch gleich weniger zu konsumieren. Und damit Müll zu vermeiden. Was im Endeffekt immer besser ist, als sich danach über dessen richtige Entsorgung bzw. Verwertung Gedanken zu machen.

Hier mehr darüber erfahren, ob nachhaltige Verpackungen wirklich die Umwelt schonen.

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Quellen

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